BASTA - Alternativer Studierendenausschuß der Liste Regenbogen

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Globalhaushalte oder: 
Betriebswirtschaftslehre als 
Leitwissenschaft 
 
In Niedersachsen wurde 1995 an drei Hochschulen ein Globalhaushalt als Modellversuch für zehn Jahre eingeführt. Drei Jahre später beschließt das Land, alle Hochschulen in Landesbetriebe umzuwandeln und die Finanzierung entsprechend auf Globalhaushalte umzustellen. An der Uni Osna-brück wird diese Umstellung im Jahr 2000 geschehen.  
Der Globalhaushalt verändert die Hochschulfinanzierung so, daß die Hochschule einen bestimmten Betrag vom Land erhält und eigenständig die Gelder innerhalb der Hochschule verteilt. Diese „erhöhte Entscheidungskompetenz" wird mit dem positiv belegten Begriff der "Finanzautonomie" propagiert, aber eigentlich wird so nur die Verantwortung für Kürzungen und Studiengangseinstellungen vom Land auf die Hochschule übertragen. Tatsächlich läßt sich durch die globale Mittelzuweisung seitens des Landes viel leichter kürzen, denn die Beschwerden der betroffenen Fachbereiche richten sich dann natürlich erstmal an die Hochschule, die das Geld verteilt. 
Neben der Abwälzung von Verant-wortung (der Finanzautonomie) wird als weiteres Ziel die "Effizienzsteigerung" angegeben, denn die Entscheidungen über die Verteilung der Mittel geschehen durch die Personen, die auch betroffen sind, also wissen, wofür tatsächlich Geld gebraucht wird und wo es eingespart werden kann. Auch hinter diesem positiv erscheinenden Ansatz verbirgt sich etwas anderes. Es werden vom Land Kriterien erstellt, nach denen die Mittel verteilt werden sollen. Die Propaganda-formel dafür lautet "Leistungsanreize". Je "besser" und "effizienter" die Hochschule ist, desto mehr Geld bekommt sie vom Land. Also wird das Geld innerhalb der Hochschule an die "besten" und "effizientesten" Fachbereiche verteilt. Die Begriffe "gut" und "effizient" sind aber, auf Hochschulen angewandt, keinesfalls klar definiert. Es steht noch nicht hundertprozentig fest, welche Kriterien eingeführt werden, aber folgende Zahlen werden vermutlich eine Rolle spielen: Zahl der StudienanfängerInnen, Zahl der AbsolventInnen in der Regelstudien-zeit, Höhe der eingeworbenen Drittmittel (wer viel hat, bekommt noch mehr), eventuell Zahl der angemeldeten Patente, Zitationsindex und Frauenförderung (wie auch immer das in Zahlen definiert wird). Mensch möge sich selbst die Hochschule der Zukunft vorstellen, die genau diese drei bis sechs Zahlen zu optimieren versucht. Die Definitionsmacht für die Kriterien ist aber sicherlich beim Land (oder schlimmer: beim Bund) und nicht etwa bei der Hochschule selbst; soviel zur Autonomie. Denn wenn das Land die Kriterien festlegt, dann werden sich die Hochschulen daran orientieren müssen und genau diese Kriterien übernehmen.  
Aber es sind noch andere Folgen zu erwarten. Die Hochschulen werden untereinander konkurrieren (müssen), zum Beispiel um die schnellsten Studierenden und um Drittmittel. Das ist auch gewollt, denn Konkurrenz ist ja mittlerweile zum positiven Leitbild mutiert. Konkurrenz gibt es auch jetzt schon, aber bisher ist die Existenz einer Hochschule nicht davon abhängig gewesen, da eine Mindestausstat-tung gewährleistet war. Um die Hochschulen für die Konkurrenz vergleichbar zu machen, wird schon jetzt das Mittel der Evaluation eingeführt. Aber es ist wieder nicht jede einzelne Hochschule für ihre Ziele und Pläne verantwortlich. In Niedersachsen gibt die Zentrale Evaluationsagentur (ZE-vA), die von der Landesregierung eingerichtet worden ist, die Ziele quasi vor. Denn auch hier gilt, daß die Hochschulen möglichst gut bei der zentralen Evaluation abschneiden müssen, um möglichst viel Geld zu bekommen. Da wird keine Hochschule mutig genug sein, sich ihre eigenen Kriterien und Ziele zu setzen. Die Konkurrenz unter den Hochschulen wird aber nicht dazu führen, daß sich unterschiedliche wissenschaftliche Ansätze ausprägen, sondern nur dazu, daß auf einer linearen Skala differenziert werden kann: Wer bekommt mehr Geld?  
Natürlich werden sich auch die hochschulinternen Einrichtungen in erhöhter Konkurrenz zueinander befinden. Das wird zum Beispiel bei interdisziplinären Instituten kontraproduk-tiv wirken, denn zumindest bisher müssen die beteiligten Fachbereiche alle mit den anfallenden Entscheidungen, wie etwa haushaltsrechtliche Stellenzuordnungen zum Institut einverstanden sein. Warum sollte so eine Kooperation unter dem Diktat der Konkurrenz zustandekommen? Die Antwort ist: Es müssen (Entscheidungs)strukturen geschaffen werden, in denen diese Schwierigkeiten nicht auftreten. Die Kollegialorgane (Senat auf Hochschulebene, Fachbereichsräte auf Fachbereichsebene) können gar nicht mehr alle wesentlichen Entscheidungen treffen. Sie geben nur noch einen Rahmen vor, den die jeweiligen Leitungen (Hochschulleitung bzw. Dekane) zu beachten haben, wenn sie die konkreten Entscheidungen treffen. Das ist eine Verlagerung der Entscheidungskompetenzen hin zu den Spitzen und weg von den Gremi-en. Auch das ist politisch gewollt. Es gibt Vorschläge zur Stärkung der Dekanate und der Hochschulleitung, die vordergründig nichts mit dem Globalhaushalt zu tun haben.  
Sicherlich kann es auch positive Konsequenzen geben, wie zum Beispiel, daß die einzelnen Ressorts nicht am Ende des Hauhaltsjahres noch schnell alles ausgeben müssen und daß Energie- und Wassersparen sich für die Hochschule auch finanziell lohnt, was bisher nicht der Fall ist. Außerdem können die Hochschulen auch Rück-lagen bilden, für noch schlechtere Zeiten. Diese sind aber im Fall der TU Hamburg-Harburg flugs vom Land wieder eingestrichen worden...  
Eva, verlorene Kinder
 

Technische Ausführung: Thomas Richter       Letzte Änderung : 13. August 1998