BASTA - Alternativer Studierendenausschuß der Liste Regenbogen

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Cognitive Science: Studium auf Raten?

Zum Wintersemester nimmt der neue Studiengang Cognitive Science die ersten Studierenden auf. Neben der Einführung von Bachelor- und Mastergrad, englischsprachigen Veranstaltungen und der Einführung des ECTS, die allesamt die Internationalität des Studienganges gewährleisten sollen, bietet er ein weiteres Novum: die Immatrikulation auf Probe.

Bevor noch das endgültige Plazet aus Hannover zur Einrichtung des neuen Studienganges kam, tauchte eine Aufnahmeordnung auf, die ohne Beteiligung der zuständigen Gremien im Fachbereich Sprach- und Literaturwissenschaft direkt vom Senat beschlossen worden ist. Inhalt dieser Ordnung ist vor allem die Befristung der Immatrikulation auf zwei Semester. Die Rückmeldung nach dem zweiten Semester soll nur für diejenigen Studierenden möglich sein, die die ECTS-Kreditpunkte für alle obligatorischen Veranstaltungen des ersten und zwei obligatorische Veranstaltungen des zweiten Semesters vorweisen können. Dies entspricht insgesamt voraussichtlich mindestens sechs Leistungsnachweisen. Denjenigen, die nicht alle diese Nachweise vorlegen können, soll eine Rückmeldung "unter Auflagen" möglich sein.

Der Sinn eines solchen Verfahrens bleibt zunächst unklar. Der Studiengang Cognitive Science ist in höchstem Maße interdisziplinär – das Studium umfaßt Gebiete so verschiedener Fächer wie Biologie, Linguistik, Mathematik, Künstliche Intelligenz, Philosophie, Psychologie und Informatik. Da ist es unwahrscheinlich, daß man die für das Studium "geeigneten" StudentInnen schon nach zwei Semestern erkennen kann, zumal auch international nur wenig Erfahrung mit einem grundständigen Studiengang Cognitive Science vorliegt.

Für die Studierenden ergeben sich durch diese Regelung nur Nachteile: Von der sozialen Situation wird vollkommen abstrahiert; würde der Anteil der StudentInnen berücksichtigt werden, der durch Arbeit, Kindererziehung, Behinderung etc. nicht in der Lage ist, ein "Vollzeitstudium" zu absolvieren, wäre der Regelfall dieser Bestimmung sicherlich die Ausnahme. Nicht in Betracht gezogen wurde außerdem die besondere Situation der ausländischen Studierenden – Cognitive Science als "auslandsorientierter Studiengang" strebt einen AusländerInnenanteil von 50% an –, die sich vor Ort erst akklimatisieren müssen und gleich im ersten Semester damit konfrontiert werden, Pflichtscheine in Veranstaltungen erwerben zu müssen, die in einer kaum beherrschten Fremdsprache abgehalten werden. Auch unter organisatorischen Gesichtspunkten erscheint die Regelung fraglich, denn für viele Studierende bringt sie eine erhebliche Unsicherheit mit sich – wer sich im Juli zurückgemeldet hat, fällt eine Woche später vielleicht durch die Klausur oder kommt mit seiner Hausarbeit nicht durch und ist im Oktober bereits exmatrikuliert.

Unzweifelhaft sehen wir hier ein Experiment mit "Vorbildcharakter" auch für andere Studiengänge vor uns. Die Auslese von Studierenden nach "Leistungs-" und sozialen Kriterien nach dem zweiten Semester läßt sich hochschulpolitisch leichter verkaufen als etwa eine Zwangsexmatrikulation oder eine Aufnahmeprüfung. Zudem erinnert sie an eine jahrgangsweise Versetzung, wie sie etwa in der Schule oder auch in manchen ausländischen Hochschulsystemen praktiziert wird. 

Ob der Studiengang Cognitive Science sich mit dieser Regelung einen Gefallen getan hat, bleibt abzuwarten. Wir möchten jedoch jetzt schon eine breite Diskussion in studentischen Gremien anregen, vor allem den Fachschaften und der FKK, um möglichst zu verhindern, daß die freie Wahl des Studienganges durch solcherlei Hintertüren weiter eingeschränkt wird.

Henrik, Die Verlorenen Kinder
 
 

Technische Ausführung: Thomas Richter       Letzte Änderung : Montag, 20. Juli 1998