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Während vor der erwähnten Sitzung kaum etwas über das Vorhaben bekannt war, wurde seitdem unter Be-zeichnungen wie „Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes“ und „Verschärfung des Asylbewerberleistungsgesetzes“ in den Medien kontrovers darüber berichtet. Der Gesetzesentwurf
kam auf Initiative der Bundesländer Berlin, Niedersachsen, Baden-Württemberg
und Bayern zustande. Er sah vor, einem Großteil der AsylbewerberInnen
und Bürgerkriegsflüchtlinge (ca. 250.000 Flüchtlinge wären
betroffen gewesen) die Sozialleistungen „auf ein Minimum“ zu reduzieren.
Worin dieses Minimum bestehen soll, ist noch unklar.
In den Medien wurde dies überwiegend positiv aufgenommen. Grund zur Entwarnung besteht aber keines-falls. Schließlich ist es jetzt möglich, Flüchtlingen unter fadenscheinigen Gründen das Recht auf ein menschenwürdiges Leben zu versagen. Klar sind bis jetzt vor allem zwei Auswirkungen des Gesetzes: Zum einen wird es zu einer großen Verunsicherung bei den Flüchtlingen führen, die überhaupt nicht mehr wissen werden, worauf sie gesetzlich Anspruch haben. Zum anderen werden die von den Kürzungen betroffenen, ihren Lebensunterhalt nicht mehr bestreiten können, da schon die Leistungen nach dem alten Asylbewerberleistungsgesetz deutlich unter dem Sozialhilfeniveau liegen. Da es für die meisten Flüchtlinge so gut wie unmöglich ist, eine Arbeit zu bekommen, werden sie in Illegalität und Kriminalität gezwungen. Dies war aber mit der
Gesetzesinitiative des Bundesrates durchaus beabsichtigt. Wenn man die
Flüchtlinge schon nicht einfach so rausschmeißen kann, weil
das Asylverfahren noch nicht beendet ist oder weil eine Abschiebung praktisch
einfach nicht möglich ist, dann sollen sie wenigstens durch Aushungern
zur Ausreise gezwungen werden. Niedersachsens Innenminister Glogowski im
Februar: Ohne eine Anspruchseinschränkung fehle „jeder Anreiz, Deutschland
freiwillig zu verlassen“. Aber warum sollen die Flüchtlinge Deutschland
„freiwillig verlassen“? Auch dafür hat sich die Große Koalition
der Aushun-gerer eine passende Antwort zurechtgelegt. Sie behaupten, die
Verschärfung richte sich gegen die illegale Einwanderung und gegen
den miß-bräuchlichen Bezug von Sozialleistungen. Dafür
definieren sie die von der Kürzung betroffenen zu Quasi-Illegalen
um, was sie aber nicht sind, da sie mindestens eine Duldung besit-zen.
Deswegen wird behauptet, sie wären nur wegen der Sozialleistungen
eingereist und/oder könnten freiwillig und problemlos ausreisen. Wer
das nicht tut, habe eben seinen Anspruch auf fast alle Sozialleistungen
verloren.
Die „Guten“ sind die, die einem (konkret der SPD und der FDP) leid tun, wie z. B. die BosnierInnen. Die „Bösen“ sind die anderen, die auf jeden Fall aus niederen Beweggründen in die Bundesrepublik gekommen sind. So ungefähr sah die Position der SPD und der FDP in der Debatte aus, obwohl sich die Verfolgungsschicksale und Fluchtgründe der „guten“ und der „bösen“ Flüchtlinge kaum voneinan-der unterscheiden. Zu erwähnen ist an dieser Stelle noch, daß Glogowski da nicht so wählerisch war. Er wollte das Gesetz um jeden Preis durchdrücken und profiliert sich in der Flüchtlingspolitik immer mehr als Hardliner. Von der letzte Woche
verabschiedeten Regelung sind ca. 30.000 Flüchtlinge betroffen. Dies
ist mit Sicherheit aber nur ein erster Schritt, dem weitere folgen werden,
verkauft als Maßnahmen gegen „illegale Ausländer“. Kurzzeitig
war sogar im Gespräch, alle Flüchtlinge unter die Regelung fallen
zu lassen, die illegal eingereist sind. Bei einer strengen Interpretation
dieser Formulierung wären das nahe-zu 100% aller Einreisenden, da
so gut wie kein Flüchtling legal einreisen kann. Diese Klausel wurde
aber (vorerst?) nicht aufgenommen.
Initiative gegen Rassismus
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